Bürgerforschung im Ammerland soll weiter vorangetrieben werden
Bad Zwischenahn. Die Bremer Sozial- und Gesundheitswissenschaftlerin Prof. Dr. Annelie Keil war im Rahmen des pflegewissenschaftlichen Projekts „Be WIZZARD“ auf Einladung der Kreisvolkshochschule Ammerland am 8. November für einen Vortrag zum Thema „Wer pflegt uns? Angehörige zwischen Hingabe, Pflichtgefühl und Verzweiflung“ in der Wandelhalle in Bad Zwischenahn zu Gast. Das Interesse war mit über 100 Anwesenden groß.
Die 83-jährige emeritierte Professorin und Trägerin des Bundesverdienstkreuzes versteht es, höchstemotionale und persönliche Themen so anzusprechen, dass sich eine neue Perspektive auf scheinbar unüberwindbare Lebenslagen eröffnet. So hat Frau Keil vor allem mit humorvollen und lebensnahen Beispielen die Teilnehmenden in der zweistündigen Veranstaltung in ihren Bann gezogen. Menschen, die sich nicht für Pflege interessieren, weil Sie nicht persönlich betroffen sind, gibt sie zu bedenken: „Wir kommen alle als Pflegefälle zur Welt, die ohne Hilfe von anderen nicht überleben und aufwachsen könnten. Jeder hat in seinem Leben schon zumindest unbewusst Pflegeerfahrungen gemacht, es gehört einfach zum Menschsein dazu.“
Die ehemalige Dekanin des Fachbereichs Sozial- und Gesundheitswissenschaften der Universität Bremen erläuterte Beispiele, wie man bei einer Alzheimererkrankung in der Familie das Leben neu erfinden und einen liebevollen Umgang mit krankheitsbedingt zuweilen skurrilen Situationen finden kann und kam zu dem Fazit: „Wer leben will, muss älter werden!“.
Die auch aus Talkshows und einer eigenen TV-Gesundheitssendung bekannte Wissenschaftlerin lobte das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte bürgerwissenschaftliche Projekt der Kreisvolkshochschule zum Thema Pflege im Ammerland, in dessen Rahmen Sie eingeladen war: „Ich wünschte, solche Projekte hätte es schon zu meiner Zeit als aktive Professorin gegeben, denn die Wissenschaft darf nicht im Elfenbeinturm bleiben sondern muss die Menschen vor Ort, die schließlich Experten ihrer eigenen Situation sind, mit-einbeziehen. Für mich ist „Be WIZZARD“ ein Leuchtturmprojekt in Deutschland. Es ist wichtig, dass die Menschen rechtzeitig ihre Wünsche fürs Alter ansprechen und mitgestalten und das Alt-Sein in alle Lebensphasen integrieren“.
Auch für das Projektteam war die Veranstaltung ein voller Erfolg: „Der große Andrang hat uns überwältigt und bestärkt uns darin, weitere Veranstaltungen dieser Art im kommenden Jahr anzubieten“ freute sich Projektleiterin Birte Amann. Projektkoordinator Thole Terhaag ergänzt: „Wir haben Prof. Dr. Annelie Keil schon für ein weiteres Thema angefragt, wir wer-den aber auch weiterhin in unserer offenen Forschungswerkstatt die Bürgerforschung im Landkreis Ammerland vorantreiben. Wer Interesse am Mitforschen hat, kann sich über die kvhs Ammerland kostenlos anmelden und ohne Vorkenntnisse zu Bürgerforschenden im Ammerland werden.“ Das wissenschaftliche Handwerkszeug erhalten die Teilnehmenden über das SOCIUM Forschungszentrum von der Universität Bremen. Sie bekommen so die Möglichkeit aktiv zu pflegerelevanten Themen, die ihnen unter den Nägeln brennen, zu forschen.